Manu Nationalpark: Jaguare, Riesenotter, Kaimane, Affen und noch viel mehr
August 11, 2010Unser Reiseführer schreibt, dass der Manu Nationalpark in Peru einer der besten Orte in ganz Südamerika ist, um tropische Tiere zu sehen – ein klarer Grund, hinzufahren! Unser Reiseführer schreibt aber auch, dass Touren dorthin über tausend Euro kosten – nach über zehn Monaten auf Reisen einfach nicht mehr drin. Insofern hatten wir den Park schweren Herzens schon von unserer Liste gestrichen. Rein aus Neugier fragten wir dann aber doch bei einigen Anbietern nach – und stellten angenehm erstaunt fest, dass unser Buch hier Blödsinn erzählt hat und es durchaus Touren für deutlich weniger Geld gibt. Eine solche buchten wir uns dann nach kurzem Überlegen am nächsten Tag und einen weiteren Tag später ging es auch schon los!
Am ersten Tag der achttägigen Tour standen zwölf Stunden Busfahrt auf dem Programm, unterbrochen von einigen kleineren Pausen und Wanderungen im Nebelwald. Dieser liegt höhentechnisch so in der Mitte zwischen unserem Ausgangsort Cusco (3.300 m) und unserem Ziel, dem Dschungel, bzw. Regenwald (300 m). Hier sahen wir schon die ersten Tiere: eine überfahrene Schlange und den Felsenhahn, Perus Wappenvogel, der wegen seinem knallroten Kamm so heißt. Den zweiten und dritten Tag verbrachten wir hauptsächlich auf dem Boot, mit dem wir tiefer in den Nationalpark hinein fuhren. Weiter ging es mit wilden Tieren, die wir vom Boot aus entdeckten: voller Begeisterung fotografierten wir eine Herde Peccaris (eine Art Wildschweine), die sich am Flussufer herumtrieb, und zeigten aufgeregt auf die ersten Fluss-Schildkröten, die sich auf Baumstämmen sonnten und voller Panik ins Wasser hüpften, sobald ihnen unser Boot zu nahe kam (später sahen wir noch hunderte von diesen Schildkröten, z.T. zehn nebeneinander auf dem selben Baum, und kein Mensch nahm mehr Notiz davon). Noch mehr freuten wir uns über den ersten Kaiman – auch von diesen sahen wir später noch etliche mehr. Ausserdem gab es am Flussufer jede Menge Vögel, Kormorane, verschiedene Störche und Reiher, Falken, Geier, Papageien, Aras etc.
Abends erreichten wir unsere Lodge im besonders geschützten Teil des Parks (nur wenige Touranbieter dürfen hier überhaupt hin), unser Heim für die nächsten drei Nächte und den Ausgangspunkt für diverse Ausflüge per Boot und zu Fuß, zu Tag und zu Nacht. Wir hatten keinen Strom (nur Kerzen und Taschenlampen) und das Wasser zum Duschen wurde aus dem Fluss hochgepumpt, aber ansonsten war das Ganze den Umständen entsprechend eigentlich ziemlich komfortabel! Wir zwei hatten einen kleinen Bungalow mit vielen Moskitonetzen ganz für uns allein und Domingo, unser Koch, überraschte die Gruppe von 10 Leuten immer wieder aufs Neue (positiv :-)). Das leckere Essen war umso erstaunlicher, wenn man bedenkt, dass er alle Vorräte für 8 Tage Frühstück, Mittag- und Abendessen mitnehmen musste, keine Kühlmöglichkeiten hatte und zum Großteil bei Kerzenlicht oder mit Stirnlampe kochen musste. Ein echter Profi – genauso wie unser Guide Carlos, ein Dschungelkind und studierter Biologe, der jegliches noch so weit entfernte Tier („Carlos, was ist der schwarze Punkt dahinten für ein Vogel?“) spontan mit Namen auf Englisch, Spanisch, Quechua und lateinischem Gattungsnamen nennen und interessante Stories dazu erzählen konnte. Seine beiden Meisterleistungen waren aber sicherlich, nachts mit bloßen Händen einen Kaiman für uns zu fangen (zum näheren Anschauen, Fotografieren und sogar Anfassen!) und „unseren“ Jaguar mit dem Fernrohr aus einer Entfernung zu entdecken, die uns alle an unseren eigenem Sehvermögen zweifeln ließ.
Der Jaguar war für uns auch definitiv das absolute Highlight der Tour – er saß ganz relaxt am Flussufer und sonnte sich, als wir mit dem Boot vorbeikamen. Nachdem wir (na gut, Carlos) ihn entdeckt hatten, mussten wir alle ganz leise sein und still sitzen, während der Käptn das Boot so leise wie möglich so nah wie möglich ans Ufer brachte. Dann hatten wir ausreichend Gelegenheit, aus knapp hundert Meter Entfernung viele tolle Fotos zu schießen (Miri wünscht sich übrigens zu Weihnachten ein Teleobjektiv, nur so zur Info…). Dabei bemerkte kaum jemand, dass direkt neben unserem Boot ein 2-Meter-Kaiman ins Wasser watschelte und abtauchte. Irgendwann gähnte dann der Jaguar ausgiebig, drehte sich majestätisch um und verschwand im Dschungel. Wir hatten aber am nächsten Tag nochmal eine Fast-Begegnung mit ihm (oder seinem Kumpel?) – und zwar auf einer Wanderung durch den Dschungel. Auch hier war es wieder unser Guide, der uns auf die tiefen rythmischen Brummgeräusche aufmerksam machte, den Brunftschrei eines Jaguars, der keine hundert Meter von uns entfernt war. Nach dieser Info brach bei einigen zartbesaiteten Gruppenmitgliedern mittelschwere Todesangst aus (Anmerkung Miri: Ich war das nicht! Wollte das nur erwähnt haben, falls mich hier jemand unterschätzt hätte…). Eher übertrieben, denn normalerweise gehen Jaguare Menschen lieber aus dem Weg (auch wenn sie ohne Probleme mit einem einzigen Biss einen menschlichen Kopf komplett zerquetschen können – im Gegensatz zu Tigern und Löwen zielen Jaguare bei einem Angriff deshalb auch nicht auf den Hals, sondern immer auf den Kopf). So passierte es dann auch – der Jaguar verschwand, ohne dass wir ihn zu Gesicht bekommen hätten. Trotzdem eine interessante Erfahrung und eine bleibende Erinnerung 🙂
Bei einer Bootstour auf einem See (einem ehemaligen Nebenarm des Flusses) sahen wir die vom Aussterben bedrohten Riesenotter, die bis zu vier Meter lang werden. Sie waren gerade gemeinsam beim Fischen – damit verbringen sie auch relativ viel Zeit, denn pro Person, äh, pro Otter, fressen sie 4-5 Kilo Fisch pro Tag! Wenn ihnen beim Jagen ein Kaiman blöd in die Quere kommt, zerlegen sie den ebenfalls – deswegen verziehen sich die Kaimane auch ans Ufer, wenn die Otter im Wasser sind. Nicht zuletzt sahen wir auf der Tour sechs verschiedene Affenarten, darunter schlaksige „Black Spider Monkeys“, rote Brüllaffen (red howler), Squirrel Monkeys (Herr Nielsson aus Pipi Langstrumpf!) und Kapuzineraffen. Einige der Affen und Papageien konnten wir sogar beim Futtern von Lehm beobachten – mit den Mineralien im Lehm neutralisieren die Tiere die Giftstoffe von toxischen Pflanzen und Samen, die sie fressen. Bleibt nur die Frage, woher die sowas eigentlich wissen. Und das konnte dann nicht mal Carlos beantworten.